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Rückschläge, und warum ich einfach nicht unterzukriegen bin

Der erste Funken Faszination

Die meisten Menschen töpfern das erste Mal irgendwann in der Schule. Nicht so bei mir. Völlig tonjungfräulich stolpere ich in mein Uniauslandsemester nach Istanbul. Zwei Mal ums Eck vom Galata Turm entdecke ich einen kleinen Keramikladen, der mich magisch anzieht. Zum Glück steht an diesem Tag der Künstler selbst im Geschäft und beantwortet meine Begeisterung über seine keramische Kunst mit der Auskunft über einen möglichen Töpferkurs bei ihm. Nach anfänglichen Schwierigkeiten, Details wie wann und wo aus ihm herauszukitzeln, sitze ich endlich da mit einem Klumpen Ton in Händen. Und auch wenn ich nur wenige Stunden bei ihm war, so hat er es doch geschafft, seine Begeisterung für diesen erstaunlich lebendigen Werkstoff auf mich zu übertragen. Denn Ton ist nicht gleich Ton. Manchmal habe ich das Gefühl der Ton wüsste was ich aus ihm machen will und wäre damit einverstanden. Alles klappt und das Ergebnis wird wunderschön. Und manchmal möchte ich eine Schüssel Töpfern, der Ton wäre aber viel lieber ein Kerzenständer.

Noch in Istanbul kaufte ich ordentlich Töpferwerkzeuge ein, der Grundstein war gelegt. Zurück in Österreich waren die ersten Blöcke Ton auch schnell vertöpfert. Nun ist es aber leider so dass die Brennservicedichte am Land überschaubar ist. Grünlinge, getrockneter Ton vor dem ersten Brand, sind extrem zerbrechlich. In die nächste Stadt zu fahren, um dort einen Brennservice zu verwenden war quasi unmöglich. Meine schönen Schüsseln und Tassen wären bis dahin nur noch Scherben. Unwahrscheinlich, dass jemand diese in ein paar Tausend Jahren ausgraben und in ein Museum stellen würde. Es gab also nur eine Möglichkeit: ein eigener Brennofen musste her!

Bamm! Der Ofen fliegt mir um die Ohren

Gesagt getan. Nach stundenlanger Autofahrt habe ich meinen gebrauchten Ofen endlich bei mir zuhause. Zwar konnte mir der Vorbesitzer nicht erklären wie das gute Stück funktionierte, aber immerhin war eine Gebrauchsanweisung dabei. Leider eine die ich hinten und vorne nicht verstand. Nun standen meine Grünlinge aber schon fast zwei Wochen herum und meine Ungeduld war groß. Naiv aber begeistert denke ich mir „was soll da schon schief gehen“ und schalte einfach mal ein. Am nächsten Tag weiß ich das ich schon bessere Ideen hatte. Alles schmelzbare zerrann und auch Dinge, von denen ich ausging, dass sie nicht so leicht schmelzbar waren, wie die Hitzebeständige Platte oder die Glühdrähte, waren nach der Hitzebehandlung einer Formveränderung nicht abgeneigt. Sehr geknickt begann ich, ein Teil nach dem anderen auszutauschen, immer in der Hoffnung, dass vielleicht doch nicht alles kaputt war, bis der Ofen komplett erneuert war. Dafür weiß ich jetzt ganz genau wie mein Ofen funktioniert.

Hurra, es läuft! Leider nicht nur mein Keramik Business

Fast zwei Jahre später läuft alles gut. Der Ofen und ich haben eine gute und solide Beziehung. Mein feuriges Hobby hat sich mittlerweile zu einem kleinen Unternehmen entwickelt und die ersten Geschäfte verkaufen bereits meine Keramik. Alles wunderbar, der Sommer ist zwar nicht wirklich sommerlich mit dem ganzen Regen, aber so ist die Natur nun mal. Und nach dem sanften Dauerregen packt die Natur auch noch gleich ihre wilde Seite aus. Drei Muren an drei aufeinanderfolgenden Tagen treffen uns und unsere Nachbarn schwer. Zum Glück wird niemand verletzt, aber meine Keramikwerkstatt, welche sich zu diesem Zeitpunkt in unserem Keller befand, hatte keine Chance. Das Knirschen der zerbrechenden Keramik unter den schweren Schuhen der Feuerwehrmänner wird mir noch lange im Gedächtnis bleiben.

Warum nicht einfach aufhören?

Nun könnte man sich vielleicht denken, dass das ein Wink mit dem Zaunpfahl ist. Das einem irgendwann die Kraft oder die Motivation ausgeht, weiterzumachen. Aber so sehe ich das nicht. Ich liebe es, den Ofen zu öffnen und jedes Stück einzeln herauszunehmen, noch einmal ganz genau hinzusehen, ob sich alle die Zeit und Hingabe, die in jedes einzelne Stück fließt, auch gelohnt hat. Und die Freude der neuen Besitzer zu sehen. Denn die Arbeit lohnt sich tatsächlich.
Und auch wenn die Mure vieles zerstört hat, so hat sie nicht alles erwischt. Einige Stücke blieben heil. Trotz umfallender Kästen in denen sie sich befanden. Trotz Schlamm und Wasserwellen, die sie durch den ganzen Raum trugen. Und diese Katastrophenkeramik ist mein Wink mit dem Zaunpfahl, weiterzumachen. Denn ich liebe es und das sieht man auch.

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